Die Rote Suzuki

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DIE ROTE SUZUKI ist eine noch relativ kurz bestehende Formation aus dem Saarland, die vor kurzem Ihr Debüt-Album veröffentlicht hat. „Mit der Sonne im Rücken“ nennt es sich passenderweise. Denn wie mit einem Motorrad auf der Autobahn zu fahren, so erfrischend ist der Sound, der Euch da aus den Boxen entgegenplärrt. Keine Plattitüden, straighter Punkrock und 180 Pferde. Anfang des Jahres war Measy, Sänger der Band, der mit Alex von PASCOW den kleinen Mailorder TANTE GUERILLA betreibt in aller Munde, als er den Benefizsampler für die Flutopfer Südostasiens herausbrachte. Dass sie mit PASCOW oft in einem Atemzug genannt werden, liegt zum einen daran, daß die Bands aus derselben Gegend kommen und auch des Öfteren mal mit einander spielen (Natürlich nicht im Sandkasten, sondern auf der Bühne) und zum anderen daran, daß sie sich - zumindest musikalisch - nicht ganz unähnlich klingen. Etwas von ihnen hören könnt Ihr auf ihrer gerade frisch renovierten Internetseite. Etwas über sie erfahren, im Folgenden.

Morgen! Kurze Frage zur Einleitung. Wie konntet Ihr nur so ein geiles Album aufnehmen?
Measy: Nun, das haben wir so gemacht, wie`s andere auch machen….Im Studio. Wir waren in Köln und haben unter der Regie von Paul „Grace“ Smith (Dumbell/The Damagers…) aufgenommen und gemischt.
Tom: Mit viel Gefühl, Liebe zum Detail, 2 Liter Mayonnaise, Kippen, Bier und irgend so ´ner Sossenbinder-Theorie. Umrühren. Fertig!
Measy: Das war Remoulade!
Pope: Die Atmosphäre war während den Aufnahmen recht entspannt und mit Paul hatten wir einen sehr netten und fähigen Menschen hinter den Reglern, der uns immer wieder sehr nützliche Tipps geben konnte. Dies hat sicherlich nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass wir abschließend doch recht zufrieden mit dem Album sind.

Nee, mal ernsthaft. Für die Leute, die Euch noch nicht kennen. Erzählt mal was über die Bandgeschichte. Wann gegründet, Bands zuvor, Veröffentlichungen, Besetzungswechsel, Alter, Namen, Telefonnummer…
Measy: „Richtig zusammen“ proben wir seit Ende 2003/Anfang 2004, wenn ich mich da recht entsinne. Ernsthaft dann ab 2004. Anfangs waren das Tom, Pope, Delle und ich. Von Anfang an war klar, dass ich deutsche Texte wollte. Die anderen Jungs haben das zu Beginn sehr kritisch betrachtet, da keiner von ihnen etwas mit „Deutschpunk“ anfangen konnte und es eigentlich auch niemand von uns hört. (Bis auf ein paar Ausnahmen). Ich denke aber, dass das auch ein Grund dafür sein könnte, dass sich unsere Musik anders anhört. Wir machen Punkrock mit deutschen Texten - ohne Deutschpunkwurzeln.
Wir waren ständig auf der Suche nach einem zweiten Gitarristen und haben dann nach einigen Testpersonen Lars mit auf den Sattel genommen. So blieb es dann und wird es auch bleiben. Zuvor gab es ne Menge Bands bei jedem. Würde zu lange dauern, die hier aufzuzählen…

Ihr unterscheidet schon zwischen „Deutschpunk“ und „Punk mit deutschen Texten“. Also kann ich davon ausgehen, daß erstgenannter Begriff für Euch schon negativ behaftet ist?
Measy: Negativ behaftet, würde ich nicht sagen. Ich finde, wir unterscheiden uns schon vom Stil her vom „typischen“ Deutschpunk. Dabei denke ich auch an die alten Bands aus den 80ern. Wir sind auch weniger, wenn nicht sogar gar nicht plakativ. Das heisst, dass ich sehr sparsam mit politischen Parolen bin. Die typische Deutschpunkband ist meiner Meinung nach extrem politisch und der Wert der Texte steht ganz oben. Das finde ich ok, solange der Texter weiss, wovon er schreibt und das „Politische“ nicht aufgesetzt ist und nur das „Image“ der Band ausdrücken soll. Das gibt’s ja auch…
Tom: Ich glaube nicht, das wir das Zeug zur „Schlachtrufe- Liga“ haben, aber da hat auch keiner was gegen, oder …?

Euch gibt es seit anderthalb Jahren. Hat aber erst Ende letzten Jahres angefangen, live zu spielen. Habt Ihr Euch ein Jahr im Proberaum verkrochen, um an Songs zu werkeln? Wie habt Ihr Euch überhaupt gefunden und was war die Motivation, DIE ROTE SUZUKI zu gründen.
Measy: Lange gedauert hat es anfangs wegen mir. Das muss ich zugeben. Ich war damals noch Sänger in einer anderen Band, THE MOTONAUTICS. Da beide Bands in Trier probten und ich im Saarland wohne, war das für mich zeitlich oft ein Problem. Die Moto’s mussten wir dann auflösen, weil unser Basser nach Wiesbaden und der Drummer nach Saarbrücken ging, wo er jetzt ein eigenes Tattoo-Studio hat (Wilms Tattoos). Ab dem Zeitpunkt hatte ich mehr Zeit für die Suzuki und dann ging’s Schlag auf Schlag. Gefunden haben wir uns durch den Umstand, dass ich Pope und Tom schon länger kannte und Lars und Delle…Wie die dazukamen, das ist ne längere Geschichte….Ne Menge Zufälle. Ich denke, das war alles Schicksal…oder doch Zufall. Das weiss man nie.
Tom: Ja wenn man wieder mal so ne Phase hat, in der man versucht, wieder nach dem Sinn zu fragen und man die Option offen hat Musiker (?) zu sein, dann ist wohl ne Punkrockband in meinen Augen das Vernünftigste.

Ihr werdet ja oft in einem Atemzug mit PASCOW genannt. Woher rührt das? Ist Euch das genehm? Wo seht Ihr die Unterschiede und Gemeinsamkeiten.
Measy: PASCOW sind sehr gute Freunde von uns. Oft denken die Leute, ich wäre auch einer der Gebrüder PASCOW. Das hat damit zu tun, dass ich die Jungs schon lange kenne und schon oft mit PASCOW unterwegs war (Das dürfte dann mein Deutschpunkeinfluss sein…he he he). Klar ist das „ok“ für uns, mit PASCOW verglichen zu werden. Ich denke, ich spreche da für alle. Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu finden ist nicht einfach. Ich würde sagen, dass wir auf jeden Fall das Gemeinsam haben, dass wir unser Ding durchziehen, ohne auf die anderen zu schielen. Wir haben alles in der Hand und lassen uns von niemandem lenken oder beeinflussen. Musikalisch gibt es bestimmt Unterschiede. Die soll es ja auch geben, oder?
Pope: Es ist definitiv alles andere als beleidigend mit PASCOW verglichen zu werden. Die Band macht wirklich geile Songs, ist live ein verdammter Wirbelsturm und besteht aus sehr sympathischen Menschen, mit denen wir auch gut befreundet sind. Aber ich selbst sehe keine augenscheinlichen Ähnlichkeiten zwischen den PASCOW -Songs und unseren. Wenn das jemand anders einschätzt, dann soll mir das aber auch recht sein. Ich mag die Band sehr.

Ich sehe die Unterschiede vor allem darin, daß die Texte nicht ganz so vertrackt sind und alles ein bisschen rauer klingt. Wie entstehen Eure Songs? Wer zeichnet sich für die Texte verantwortlich? Bringen sich da alle ein, oder bleibt das an einem „hängen“?
Measy: Meistens kommt ein Stück so zustande, dass Delle einen Song oder ne Idee bringt und dann jeder seinen Senf dazugeben kann. Es gibt auch Songs und Teile, die von Lars sind. Dann kommt der Text. Die Texte sind alle von mir, wobei ich auch gerne Ideen und Anstöße der anderen annehme. Mir ist vor allem wichtig, dass der Text direkt rüber kommt - durch die Boxen in den Kopf. Versteht es jemand nicht, macht er sich hoffentlich Gedanken darüber, was ich meinen könnte…und entwickelt vielleicht sogar eine eigene Idee dazu. Man sollte zwischen den Zeilen suchen und manchmal auch das Augenzwinkern entdecken. Stumpfe Parolen gehören nicht zu unserem Treibstoff. In der Regel gehe ich davon aus, dass der Zuhörer intelligent genug ist, zu merken, was politisch „richtig“ und „falsch“ ist und wer „der Feind“ ist.
Tom: Measy ist schon ein ganz guter „Gossen Poet“. Das hat sich für uns allerdings erst nach den Aufnahmen herausgestellt. Unsere damalige „Gesangsanlage“ (Gittaren-übungs-amp-für Anfänger) ließ halt ab und zu mal einen Wortfetzen durch und da kann ich auch für den Rest der Band sprechen, dass da nicht viel rüber kam. Dafür waren wir nach den Aufnahmen umso mehr beeindruckt.

Und woher stammen Eure meisten musikalischen Einflüsse? Also mal Bandmäßig gesehen.
Measy: Bei mir war das auf jeden Fall der Punk/Hardcore der 80er. Als die anderen Kids auf Melodycore abfuhren, hab ich lieber BLACK FLAG, CIRCLE JERKS, URBAN WASTE, MINOR THREAT usw. gehört und bin geskatet.
Tom: DIE ÄRZTE (ohne rot zu werden), SICK OF IT ALL, DACKELBLUT und McLUSKY waren ganz wichtig, aber auch die SPERMBIRDS, RAMONES usw.
Pope: Angefangen hat alles mit den RAMONES! Das ist auch immer noch die Band, für die ich am meisten Herzblut lasse. Ach ja... und da waren dann noch MINOR THREAT, GANG GREEN, DESCENDENTS, MISFITS, PETER & THE TEST TUBE BABIES, NoFx, SPERMBIRDS, DK, RANCID, NEW BOMB TURKS, TOY DOLLS usw.
Delle: Jo, das kann man so stehen lassen mit, DESCENDENTS vielleicht fett unterlegt, dazu dieser ganze Crypt-Kram, die ersten BLACK-FLAG-Aufnahmen vor Rollins waren sicherlich auch sehr prägend. Ohnehin alles amerikanische aus der Zeit. Natürlich auch der Einfluss der lokalen Bands, wir sind ja fast alle Saarfranzosen...

Ich hätte fast geschworen, daß Ihr in der letzten Zeit, beim Entstehen der Songs, ziemlich viel skandinavisches Zeug gehört hättet…
Measy: Ich finde, es gibt ne Menge super Bands da oben. Aber auch viel Schrott…. Skandinavien beeinflusst uns eher nicht.
Pope: Ich persönlich finde einige Bands aus Skandinavien sehr herausragend. Allerdings denke ich nicht, dass es einen einheitlichen skandinavischen Sound gibt. TURBONEGRO, RANDY, NINE, REFUSED, GLUECIFER und wie sie alle heißen sind großartige Bands. Aber keine von denen klingt wie die andere. Insofern weiß ich nicht, wie man unseren Songs etwas Skandinavisches anhören kann.
Delle: Also ich hatte wie ab 95 mit Melody-core, so ab 99 einfach keine Nerven mehr für sowas, weil ichs davor einfach übertrieben hab. Gründe für diesen Überdruss kamen beide Male aus Schweden.

Measy, Du betreibst sogar eine kleine Firma. TANTE GUERILLA. Wie kam es dazu? Im letzten und diesen Jahr warst Du auch in aller Munde, als Du diesen Sampler für die Flutkatastrophe in Südostasien gemacht hast…
Measy: Den Tante Guerilla - Mailorder mache ich zusammen mit Alex von Pascow. Es kam, wie bei mir meistens: Durch Zufall. Ich lernte Alex durch seinen Bruder Ollo kennen und war damals gerade dabei mich umzuorientieren. Ich zeichnete und malte viel und wollte Kunst studieren. Alex hatte zu der Zeit gerade Kidnap Music, als Plattenversand und Bauchladen am Laufen. Wir unterhielten uns über die Sache, verstanden uns gut und 2 Wochen später war unser erster kleiner Shop im Internet….mit eigen designten Shirts (Die dürften Mittlerweise sehr rar sein) und Band-Shirts usw… Die Sache mit dem Sampler war für uns selbstverständlich. Wie die Idee zustande kam, kann man ja auf der CD und der Webseite www.tanteguerilla.com/newdayrising nachlesen. Es gibt übrigens noch ein paar letzte Exemplare!

Suzuki, „Ihr seid Japan, wir sind Godzilla“. Was verbindet Euch mit dem Land. Und inwieweit beschreibt Euer Bandname eigentlich Euer Machen und Tun?
Measy: Mit Japan an sich verbindet mich, dass ich das Land schön und die Menschen interessant finde und die Liebe zur Tätowierkunst. Selbst dort war ich noch nicht. Das wird aber noch kommen. Die Band verbindet eigentlich weniger mit Japan…Wir sind ja auch Godzilla. Der Name beschreibt unser Tun direkt: Rot, schnell und laut.
Tom: Krachen muß es, und zwar deutlich.
Pope: Na ja, wir konnten uns zunächst nach unsäglich vielen Vorschlägen auf keinen Namen einigen. Dann kam eines Tages Measy zur Probe und pries uns 'die rote Suzuki' an. Damit wir unsere obligatorische Falaffel nach der Probe wieder ohne hitzige Namensdiskussionen genießen konnten und weil wir die Namensgebung auch recht treffend fanden blieb es dann dabei.
Measy: Ja…Die Pavers haben auch was damit zu tun…
Delle: Japan ist einfach das einzige Land, das noch degenerierter ist als die USA...kuck Dir mal dieses ganze Takeshi-Desaster an.
Measy: Ja. Die sind verrückt!

Relativ frisch ist jetzt auch Eure Internetseite an den Start gegangen. Bekommt Ihr schon viel Feedback?
Measy: Ich würde sagen, dafür, dass wir wie der Löwenzahn durch die Strasse kamen und einfach mal da sind, ist das Feedback bisher ganz ok. Die Internet - Seite ist gerade in neuem Gewand passend zum Album im Netz…
Tom: Ein Paar Rezensenten scheinen uns doch sehr zu mögen… hätte nie gedacht das wir je für gut befunden werden. Ich für meinen Teil merke jedes Mal erneut, wie groß die Kluft ist zwischen eigener Kritik und der von außen, aber das nimmt einem auch keiner ab.(alles muß man selber machen…)

Aha. Und was bemängelt Ihr so an Euch selbst?
Measy: Ich hab an uns nichts zu bemängeln… Wäre das so, würden wir was ändern. Wir sind eben etwas chaotisch. Das ist aber kein Mangel.
Tom: Ja, 5 Genies die das Chaos beherrschen. Wahnsinn oder?

So, und was ist jetzt so in Zukunft geplant? Seid Ihr so eine „Platte-Tour-Platte-Tour“-Band? Oder geht Ihr das relativ gelassen an?
Measy: Genaue Planungen gibt es nicht. Wir werden auf jeden Fall im Herbst mit PASCOW unterwegs sein. Österreich und die Schweiz sind da im Gespräch. Anfang kommenden Jahres werden wir in der Osterzeit wohl Deutschland in Angriff nehmen. Das wünsch ich mir jedenfalls so. Dieses Jahr wird es nur „einzelne“ Konzerte geben.
Delle: Zusätzlich gründen wir bald eine Suzuki-Lottotip-Gemeinschaft, damit alle unnötigen anderen Termine endlich mal unter den Tisch fallen, oder besser von unserem Nightliner überrollt werden.

So, und für unsere Berliner ganz wichtig - Wann verschlägt es Euch denn mal hierher?
Measy: Wir sind allzeit bereit und freuen uns über jede Anfrage. Sobald Berlin bereit für uns ist, rollen wir an!
Delle: Wird aber auch Zeit, dass die ganzen Panzersperren vor den Botschaften endlich mal abgebaut werden.

Gut, dann danke ich Euch vielmals für das Beantworten der Fragen und wünsche Euch noch viel Erfolg…
Measy: Wir danke auch Dir fürs Interesse! Und vielleicht bis bald in Berlin!
Kategorie: Punkrock | Autor: mieschka